Pop_News_21.11.25
Wolfgang Netzer & Manuel Schubert – Sechs Saiten, zwei Generationen

Wolfgang Netzer & Manuel Schubert – Sechs Saiten, zwei Generationen

„Wir sind hier im Nirgendwo“, flucht unser Fahrer in die stockdunkle Finsternis der Nacht an diesem Freitagabend. Tatsächlich sind wir in diesem Nichts auf der Suche nach dem „Kultur-Stadl“ in der oberbayerischen Gemeinde Vilgertshofen. Und schließlich sehen wir Licht in der Düsternis, wie eine Oase in der Wüste. Wir sind angekommen.
Der „Kultur-Stadl“ ist ein uriges Wirtshaus mit hervorragender Küche, der Gäste-Saal bietet Raum für maximal 40 Gäste. Beinahe so viele haben den abenteuerlichen Weg hierher geschafft. Sie bereuen es nicht, denn auf der Miniatur-Bühne haben sich zwei begnadete Saitenvirtuosen aus zwei Generationen eingefunden: Der 68jährige Wolfgang Netzer, an seiner Seite der 24jährige Manuel Schubert, die aktuelle beide in München ansässig sind.
Die zwei begnadeten, studierten Instrumental-Künstler, mehrfach ausgezeichnet, haben sich nicht nur diversen Gitarren verschrieben, sondern auch der Oud, dem Mandocello oder der Irish Bouzouki. Sechs Saiten, zwei Generationen. Beseelt vereint im „Kultur-Stadl“. Sie beweisen - mit Pause dazwischen - rund 90 Minuten pure Spielzeit lang, dass man die Lebensphilosophie „Melancholie“ problemlos in geschmeidige Grooves integrieren kann. Und sie kreieren atmosphärische Klangbilder. Etwa bei „Camel Ride“. Wenn man die Augen schließt, reitet man etwas ungelenk auf einem riesigen Kamel durch die ewige Weite der Wüste.
„This Was“ fasziniert durch die Kunst der Repetition. „Every Second“ wiederum ist ein klassisches Gitarren-Duell. Und das zackige letzte Stück vor der Pause ist Netzers Heimat Garmisch-Partenkirchen gewidmet, der ausgelassenen Kindheit dort.
Im zweiten Part kommt gleich zu Beginn die Irish Bouzouki zur Geltung, für Wolfgang Netzer die „Viola unter den Gitarren“. Entsprechend keltisch das Klangbild. Zudem merkt man der Komposition an, dass der Maestro zu über 80 Film- und TV-Dokumentationen die Soundtracks beigesteuert hat.
Die Lieder erinnern immer wieder an die Gitarren-Duos Martin Kolbe & Ralf Illenberger oder Sigi Schwab & Peter Horton alias „Guitarissimo“. Der letzte „offiziell“ gespielte Song des Abends hat einen mittelalterlichen Touch. Danach gibt es noch zwei Zugaben, welche das begeisterte Publikum frenetisch einfordert. Das frisch aufgeladene Seelen-Licht weist beschwingt den Weg nach Hause. Michael Fuchs-Gamböck
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