Pop_News_29.04.25
Maxjoseph-Konzert im „Bergson Kunstkraftwerk“

Maxjoseph-Konzert im „Bergson Kunstkraftwerk“

„Landler“ im Niemandsland

Ein sonniger Sonntagnachmittag im Münchner Stadtteil Aubing ist wie der surreale Aufenthalt im Niemandsland des Purgatoriums. Die endlose lange Hauptstraße, die man gerne als „Highway To Hell“ bezeichnen darf, führt einen vom Zentrum in den äußersten Westen der bayerischen Metropole, links wie rechts gepflastert von nichtssagenden 50er Jahre-Wohanlagen, Fitness-Studios, Kebab-Buden. Sobald man die zentrale Straße verlässt, landet man im tiefen, trostlosen Industriegebiet. Und mittendrin ragt wie ein Zenit das ehemalige Heizkraftwerk „Bergson“ heraus, das im April vergangenen Jahres zum „Kunstkraftwerk“ mutierte, geschaffen für eine Galerie, ein Restaurant, einen Jazzkeller und einen bestuhlten Konzertsaal, der 400 Besucher fasst. Letzterer ist ein futuristisch anmutender Raum, der an die Architektur des Stummfilm-Klassikers „Metropolis“ en Miniature erinnert.

In exakt diesem realitätsfernen Event-Raum finden an einem April-Nachmittag um 13.30 Uhr und um 16 Uhr komplett ausverkaufte Konzerte des bayerischen Folklore-Quartetts Maxjoseph statt. Und da sitzen sie dann wie scheue Musterschüler, den Menschen vor ihnen ausgesetzt, richtiggehend erstaunt wegen des gewaltigen Publikumsandrangs, auf ihren spartanischen Holzstühlchen, ihre Instrumente wie ein Schutz gegen die böse Außenwelt in der Hand. Die beiden Münchner Georg Unterholzner und Andreas Winkler mit Gitarre bzw. Akkordeon im Anschlag, der Allgäuer Florian Mayrhofer mit der gewaltigen Tuba auf dem Schoß, der Basler Nathanael Turban mit einer filigranen Violine zwischen Schulter und Hals.

Gerade eben ist das dritte Album des Vierers namens „NAU“ in den Handel gekommen, das heute den Löwenanteil des 90minütigen Programms ausmachen wird. Auch „NAU“ lebt wie schon die Vorgänger von süddeutscher instrumentaler Volksmusik, die allerdings Traditionen aufweicht dank eines aberwitzigen Stilmixes und vieler außergewöhnlicher Ideen, weil sämtliche Stücke von den Musikhochschul-Absolventen selbst komponiert wurden. Hier trifft Tango auf Landler auf Polka auf Klezmer auf Walzer. Atmosphärische Klänge, die an Film-Soundtracks wie Astor Piazzollas Beiträge zum argentinischen Streifen „Sur - Der Süden“ erinnern, oder die von Madredeus zur Hommage vom deutschen Regisseur Wim Wenders an Portugal, „Lisbon Story“.
Man merkt den vier Freunden an, dass sie musikalische Voll-Profis sind, obwohl sie seit 2017, in dieser Besetzung allerdings erst seit zwei Jahren ein Team bilden. Um das stramme Programm etwas runterzufahren, werden immer wieder launige Anekdoten darüber erzählt, wie manche Texte entstanden, manche Metaphern gemeint sind. Akustisch geht es mal bedächtig und fragil, mal schwungvoll oder gar ausgelassen zu.

Das Publikum aus Jung wie Alt wird beständig euphorischer. So gibt es nach der letzten offiziellen Nummer „Verano Walzer“ stehende Ovationen und noch zwei Lieder extra. Dann ist Schluss. Um 16 Uhr geht das Spektakel weiter. Michael Fuchs-Gamböck

Bild © Maxjoseph
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